Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik muss von Toleranz getragen werden

Sehr geehrte/r Herr/Frau Präsident/in,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich freue mich, dass die Bundesregierung mit dem vorgelegten 18. Bericht vom bisherigen Kurs in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik abweichen möchte. Infolge des Paradigmenwechsels ab 2011 hieß es, ich zitiere: „Es geht für Deutschland darum, Einfluss in der Welt zu sichern“.

Stattdessen möchte Bundesaußenminister Steinmeier nun zur traditionellen Rolle der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik als „dritter Säule“ der Außenpolitik zurückkehren.

Eine überfällige Kurskorrektur, denn aus linker Sicht kommt gerade der Auswärtigen Bildungs- und Kulturpolitik angesichts der aktuellen Krisen in Europa eine besondere Bedeutung zu!

Die Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik darf nicht länger als „Einbahnstraße“ begriffen werden, sondern muss auf gegenseitigem Austausch, Respekt und Toleranz beruhen. Sie darf nicht als Instrument der Interessenvertretung deutscher Außenpolitik benutzt werden.

Um einen echten Wandel zu vollziehen, benötigen wir finanzielle Mittel. Von den 400 Millionen Euro, die 2015 zur humanitären Hilfe dem Auswärtigen Amt zur Verfügung stehen, muss die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ausreichend beteiligt werden.

Betonen will ich hier den internationalen Jugendaustausch. Ohne Planungssicherheit kann er seine nachhaltige Wirkung nicht entfalten.

Im Unterausschuss bemühen wir uns gerade um die langfristige Gewährleistung der Bildungs- und Erinnerungsarbeit in Sobibor und Bełżec, zwei ehemaligen deutschen Vernichtungslagern in Polen, an der Grenze zur Ukraine.

Hierfür braucht es seit langem mehr finanzielle Mittel. Doch das allein reicht nicht: es müssen auch Projekte entwickelt werden, die die Zivilgesellschaft einbinden, die Gedenkstätten-Infrastruktur ausbauen und Mittlerorganisationen wie das Deutsche Historische Institut (DHI) einbeziehen.

Den Absichtserklärungen des 18. Berichtes müssen jetzt konkrete Maßnahmen folgen!

Angesichts der aktuellen Lage müssen die Projekte für und mit Flüchtlingslagern Priorität haben. Dabei kann das Goethe-Institut im Bereich der Sprachvermittlung helfen. Sprache ist Grundlage der Integration.

Als einen neuen Schwerpunkt nennt die Regierungskoalition im 18. Bericht die Östlichen Partnerschaften. Wir als LINKE. sehen das kritisch. Es stellt sich die Frage, ob es sich bei der Östlichen Partnerschaft, um eine wirklich gleichberechtigte Partnerschaft handelt? Aus unserer Sicht bestehen da begründete Zweifel.

Kritisch sehen wir in diesem Zusammenhang auch die strukturelle Neuaufstellung der Deutschen Welle, die im 18. Bericht als Werkzeug, – so wörtlich – “zur Reputation Deutschlands in der Welt“ verstanden wird.

Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik darf aber nicht zum Sprachrohr der Interessen deutscher Außenpolitik werden!

Was wir in der Kultur- und Bildungspolitik brauchen ist ein Wandel hin zu einem Dialog auf Augenhöhe und gegenseitiger Anerkennung.

Werte, wie Demokratie und Respekt vor der Menschenwürde, die von Deutschland ins Ausland getragen werden sollen, müssen umgekehrt auch von uns gelebt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

dazu ein persönliches Erlebnis, das mich sehr bewegt:

Vor wenigen Tagen war ich an der kroatisch-ungarischen Grenze in Botovo. Hunderte Flüchtlinge, Babys in Decken gehüllt, alte und  kranke Menschen, deren Rollstuhl im Schlamm stecken blieb, und die schließlich Stacheldraht-Zaun und Grenzsoldaten passieren mussten – ein unvergesslicher Anblick, der bei mir und anderen Trauer und Wut auslöste.

Mir wurde außerdem berichtet, dass die Geflüchteten danach in Ungarn von Militär eskortiert und geschubst und getreten wurden, wenn sie nicht schnell genug waren.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich allen Menschen danken, die den Geflüchteten in Deutschland und Europa selbstlos geholfen haben und helfen.

Enttäuscht bin ich demgegenüber von dem so genannten Flüchtlingsgipfel: die Chance für eine faire und gerechte Aufnahmepolitik wurde vertan. Die Bundesrepublik setzt erneut auf Abschreckung und Entrechtung. Sie teilt Asylsuchende in vermeintlich ‚gute‘ und ‚schlechte‘ Flüchtlinge ein, in potentielle Fachkräfte und unqualifizierte und plant weitere Abschreckungsmaßnahmen.

Wo sind hier die demokratischen, die humanistischen Werte, wo die Menschenwürde, die Willkommenskultur?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

DIE LINKE steht für eine von Toleranz getragene, dialog-orientierte Auswärtige Kultur-und Bildungspolitik. Wir wollen ihre Bedeutung klar nach außen sichtbar machen und gegen jede Einflussnahme schützen. Dafür aber benötigen wir, wie meine frühere Kollegin Luc Jochimsen bereits vor Jahren vorgeschlagen hat, die Einführung einer Bundeskulturministerin mit Kabinettsrang. Ich möchte diesen Vorschlag nochmal aufgreifen. Es kann doch nicht sein, dass ein Land wie Deutschland kein Kulturministerium besitzt. Nur ein Ministerium kann die verschiedenen Aufgabenfelder und die Belange der Kultur sowohl gegenüber anderen Ressorts als auch auf europäischer Ebene bündeln und wirksam vertreten. Lassen Sie uns die  Möglichkeiten internationaler, friedlicher Kulturförderung durch ein Kulturministerium stärken!