Azize Tank, DIE LINKE: Kampf um Ghetto-Renten erfolgreich – Diskriminierung Ghetto-Beschäftiger mit Wohnsitz in Polen beendet!

Plenarrede von Azize Tank am 29.01.2015 im Deutschen Bundestag (Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. Dezember 2014 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen zum Export besonderer Leistungen für berechtigte Personen, die im Hoheitsgebiet der Republik Polen wohnhaft sind (Drucksache 18/3787))

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Vorgestern haben wir an den Siebzigsten Jahrestag der Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee erinnert.

Wir erinnerten damit aller Opfer des deutschen Faschismus. Wir gedachten der Shoah, der industriellen Vernichtung von mehr als sechs Millionen europäischer Jüdinnen und Juden.

Wir erinnerten gleichzeitig an Hundertausende ermordete Sinti und Roma. Ebenso an die lange vergessenen Opfergruppen: Die als sogenannte „Assoziale“ verleumdeten Menschen, die Homosexuellen und andere.

Wenn wir an die Opfer der Massenmorde von Birkenau, Sobibor oder Treblinka erinnern, dürfen wir jedoch Eines nicht vergessen! Vor der Vernichtung wurden diese Menschen rassistisch diskriminiert, entrechtet, misshandelt, beraubt und ausgebeutet.

Erst dank dem Einsatz engagierter Überlebender, Historiker, Richter und Rechtsanwältinnen wissen wir, was lange nicht anerkannt wurde. Für Ghettoarbeit wurden Beiträge zur Sozial-Versicherung abgezogen.

Das Bundessozialgericht hat diese Rentenansprüche, erst durch die Bemühungen von Überlebenden anerkannt. Dafür gebührt den Überlebenden unser höchster Respekt.

Beschämen, sollte uns, dass anfangs 90 Prozent der Anträge auf Ghetto-Renten abgelehnt wurden.

Beschämen, sollte uns, dass Ghetto-Beschäftigte mit Wohnsitz in Polen von Anfang an ausgeschlossen wurden. Erst das neue Abkommen beendet diesen Zustand.

In enger Zusammenarbeit mit den Betroffenen hat die Fraktion DIE LINKE. das Thema in den Bundestag getragen.

Erlauben Sie mir Tomasz Miedziński aus Warschau zu zitieren, worum er mich gebeten hat. Als Vorsitzender der Vereinigung der Jüdischen Kombattantinnen und Kombattanten und Geschädigten des Zweiten Weltkrieges, kämpfte er seit mehr als zehn Jahren für die Rechte der Ghetto-Beschäftigten aus Polen. Unterstützt wurde er dabei von Herrn Marian Kalwary, dem Vize-Vorsitzenden der Vereinigung „Kinder des Holocaust“ in Polen.

Am Tag der Unterzeichnung des vorliegenden deutsch-polnischen Abkommens am 5. Dezember 2014 in Warschau, erklärte Herr Miedziński, ich zitiere: „Ich sollte Freude empfinden über dieses Abkommen. Aber Freude empfinde ich nicht! Jahre des Kampfes gegen den Widerstand der deutschen Behörden und ihre Bürokratie führten dazu, dass mehr als die Hälfte der Berechtigten verstorben sind!“ Ende des Zitates.

Zehn Jahre! Eine Lösung wurde immer wieder als rechtlich nicht umsetzbar abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Durch gemeinsame Anstrengungen im Bundestag gelang es uns in acht Monaten den Abschluss eines Abkommens herbeizuführen. Die Diskriminierung konnte dadurch beendet werden.

Und mit Freude habe ich unserer Staatsekretärin Lösekrug-Möller zugehört und erwarte daher von der Bundesregierung eine ebenso zügige Umsetzung des Abkommens! Wir alle wissen: Es geht hier nicht, um eine Drucksache, sondern, um die Wiedererlangung von Würde. Um Gerechtigkeit.

Erlauben Sie mir dabei etwas zu unterstreichen, was in Deutschland oft ausgeblendet wird.

Ja! Jüdinnen und Juden waren auch aktiv an dem bewaffneten Widerstand gegen den deutschen Faschismus beteiligt. Auch Sie haben ihren Anteil an der Befreiung Deutschlands vom Faschismus.

Ihnen gebührt nicht nur Respekt für das erlittene Leid, sondern Dankbarkeit für ihren Widerstand! Sie haben sich, um einen demokratischen Neuanfang verdient gemacht.

Angesichts des Alters der letzten Zeugen der Shoah sind wir verpflichtet, deren Vermächtnis weiter zu tragen.
Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg!

Danke!

 

FOREIGN LANGUAGES:

Przemówienie plenarne posłanki Azize Tank podczas debaty w niemieckim Bundestagu w dniu 29 stycznia 2015 r. (Pierwsze czytanie w sprawie wniesionego przez rząd federalny projektu ustawy o ratyfikacji Umowy między Republiką Federalną Niemiec a Rzecząpospolitą Polską o eksporcie szczególnych świadczeń dla osób uprawnionych, które zamieszkują na terytorium Rzeczypospolitej Polskiej z 5 grudnia 2014 roku (durk urzędowy nr 18/3787))

WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN:

Plenar-Rede vom 26.02.2015: Ein ehrlicher Neuanfang im Umgang mit ehemaligen Ghetto-Beschäftigten ist notwendig!

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage “Zahlbarmachung von Ghetto-Renten an jüdische Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer sowie Jüdinnen und Juden mit Wohnsitz in Polen” (BT-Drs. 18/1279)

PRESSE-INFORMATION:

Ghetto-Renten-Abkommen mit Polen für ehrlichen Neuanfang im Umgang mit ehemaligen Ghetto-Beschäftigten nutzen! Systematisch benachteiligende Behandlung sofort beenden!