Azize Tank, DIE LINKE: Soziale Grundrechte sind unabdingbare Voraussetzung für ein würdiges Leben

 

Plenarrede von Azize Tank am 13.03.2014 im Deutschen Bundestag ( Gesetzes zu dem Abkommen vom 8. April 2013 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Östlich des Uruguay über Soziale Sicherheit Drucksache 18/272))

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Soziale Grundrechte sind eine unabdingbare Voraussetzung für ein würdiges Leben, egal in welchem Land. Sie sind auch eine Verpflichtung für Regierungen, ihre Innen- und Außenpolitik mit diesen Rechten in Einklang zu bringen; denn auch soziale Sicherheit gehört zu den Grund- und Menschenrechten.

Durch das Abkommen mit Uruguay können bei Rentenansprüchen die Versicherungszeiten beider Länder berücksichtigt werden. Die deutsche Seite berücksichtigt sogar Rentenansprüche, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU erworben wurden. Fortschrittlich ist auch die Gleichstellung des gewöhnlichen Aufenthaltsorts der Leistungsempfänger: Ich begrüße, dass das Abkommen die uneingeschränkte Zahlung von Renten in den anderen Staat vorsieht; das ist mit dem sogenannten Leistungsexportprinzip gemeint.

Derartige Abkommen zwischen Deutschland und anderen Ländern müssten angesichts der fortschreitenden Globalisierung eigentlich selbstverständlich sein.

Ich frage mich: Warum pflegt die Bundesrepublik eine solche Kooperation bei der Sozialversicherung nicht mit allen Staaten, egal ob es lateinamerikanische oder europäische Staaten wie beispielsweise Andorra, Moldawien oder Georgien sind?

Es ist erst zwei Monate her, dass der Europäische Ausschuss für Soziale Rechte die Bundesrepublik wegen Verletzungen der Europäischen Sozialcharta gerügt hat, weil Deutschland solche Abkommen mit mehreren Staaten in Europa gerade nicht abgeschlossen hat.

Bereits abgeschlossene Rentenabkommen wie das mit der Republik Polen von 1975 dürfen dabei nicht dazu führen, Ghetto-Arbeitern ihre berechtigten Rentenansprüche zu verweigern. Dies ist aber die gegenwärtige Praxis der Bundesrepublik gegenüber polnischen Juden, die in Ghettos gearbeitet haben. Leider sieht der neue Referentenentwurf der Bundesregierung auch hier keine Änderungen vor.

Die Gewährleistung des Rechts auf soziale Sicherheit ist in der Europäischen Sozialcharta festgeschrieben, also die Gleichbehandlung von Staatsbürgern verschiedener Staaten in Europa hinsichtlich der Ansprüche bei der sozialen Sicherheit. „Soziale Sicherheit“ heißt es in der Überschrift des Gesetzentwurfs und in dem zugrunde liegenden Abkommen. Sie ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Tat von zentraler Bedeutung. Aber die Vermeidung doppelter Beitragsbelastung und die Berücksichtigung von Versicherungszeiten bei den Rentenansprüchen sind nur ein Teil wirklicher sozialer Absicherung.

Soziale Sicherheit ist ein Grund- und Menschenrecht und Bestandteil der sozialen Menschenrechte, wie sie im UN-Sozialpakt von 1966 längst festgeschrieben sind. Deshalb erlaube ich mir, abschließend an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass das Zusatzprotokoll zum UN-Sozialpakt endlich auch von der Bundesregierung ratifiziert und umgesetzt werden muss wie dies übrigens schon durch mehrere lateinamerikanische und europäische Staaten geschehen ist. Mit dem Ja zu diesem Gesetzentwurf verbinde ich also den Appell, endlich die überfällige Umsetzung der EU-Sozialcharta und des UN-Sozialpaktes vorzunehmen.

Danke.

 

FOREIGN LANGUAGES:

Przmówienie posłanki Azize Tank na posiedzeniu plenarnym: „Podstawowe prawa socjalne są nieodzownym warunkiem godnego życia!“ (POLSKI)

 

WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN:

Plenar-Rede der Abgeordentenen Azize Tank vom 26.02.2015: Azize Tank „Ein ehrlicher Neuanfang im Umgang mit ehemaligen Ghetto-Beschäftigten ist notwendig!“

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Azize Tank “Zahlbarmachung von Ghetto-Renten an jüdische Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer sowie Jüdinnen und Juden mit Wohnsitz in Polen” (BT-Drs. 18/1279)