Azize Tank, DIE LINKE: »Wir brauchen eine Bildungsrevolution«

Plenarrede von Azize Tank am 16.01.2014 im Deutschen Bundestag zur OECD-Studie PISA 2012: Schulische Bildung in Deutschland besser und gerechter

 

»Wir brauchen eine Bildungsrevolution«

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich finde es gut, dass ich als Migrantin, die vor 40 Jahren als sogenannte »Gastarbeiterin« nach Deutschland kam, heute hier stehe. Ich weiß aus ganz persönlichem Erleben wie wichtig Bildung und Ausbildung sind.

Ich möchte auf die Befunde der aktuellen PISA-Studie eingehen und dabei einen besonderen Blick auf die Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungshintergrund werfen.

Schauen wir uns zunächst die positiven Entwicklungen an:

Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungshintergrund erreichen höhere Mathematikkompetenzen als vor zehn Jahren. Das ist eine erfreuliche Entwicklung.

60% der Jugendlichen der zweiten Generation – also diejenigen, die bereits in Deutschland geboren wurden – sprechen zu Hause deutsch. Das Bildungsniveau der Eltern dieser Jugendlichen ist ebenfalls deutlich gestiegen.

Wir sehen also, dass Migrantinnen und Migranten selbst einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung ihrer Bildungschancen leisten wollen und können.

Trotz alledem: Die Autoren der PISA Studie kommen erneut zu dem Schluss, dass Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungshintergrund im Vergleich zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern nach wie vor besonders benachteiligt sind.

Für diejenigen, die es nicht verstehen können oder wollen: PISA zeigt auf, dass die Ursachen soziale Ungleichheiten sind und Bildungserfolge in Deutschland davon abhängig sind, ob die Eltern reich oder arm, Akademiker oder Arbeiter sind! Ich finde das unerträglich! Das ist eine Schande für ein Land, das eine Bildungsrepublik sein möchte.

Deshalb wollen wir LINKE:

Gemeinschaftsschulen, in denen alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft gemeinsam und zugleich individuell lernen.

Die wissenschaftlichen Ergebnisse der Berliner Gemeinschaftsschulen machen deutlich, dass dieser Weg erfolgreich für alle Kinder ist.

Meine persönliche Erfahrung ist:

Die Tragfähigkeit einer Brücke wird nicht an der Stärke des dicksten Pfeilers gemessen, sondern an der Tragfähigkeit des Schwächsten.

Das gilt insbesondere in der Bildungspolitik!

Um es mit den Worten des Philosophen Richard David Precht auszudrücken: „Wir brauchen keine weitere Bildungsreform, wir brauchen eine Bildungsrevolution“!

Vielen Dank