„Das deutsch-polnische Abkommen über Ghetto-Renten, welches heute im Bundestag ratifiziert werden soll, ist ein wichtiger Meilenstein im Kampf der Überlebenden um Gerechtigkeit und Würde. Es beendet die Diskriminierung von Roma sowie Jüdinnen und Juden mit Wohnsitz in Polen, die bislang von Ghetto-Renten nach dem ZRBG ausgeschlossen waren. Aber auf diesem Erfolg können wir uns nicht ausruhen. Damit sind noch nicht alle Ungerechtigkeiten ausgeräumt. Die »systematische benachteiligende Behandlung der Antragsteller« durch die deutsche Bürokratie führte dazu, dass noch immer etwa 15.000 bis 25.000 Überlebende Ghetto-Beschäftigte von den Ghetto-Renten ausgeschlossen sind.“, erklärt Azize Tank, Sprecherin für soziale Menschenrechte und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, anlässlich der heutigen Ratifizierung des »Abkommens vom 5. Dezember 2014 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen zum Export besonderer Leistungen für berechtigte Personen, die im Hoheitsgebiet der Republik Polen wohnhaft sind.«“, Azize Tank weiter:
„Zahlreiche Anträge ehemaliger Ghetto-Beschäftigter wurden nie abschließend beschieden: Wegen angeblich »mangelnder Mitwirkung«. Neben den polnischen Betroffenen, geht es hier um immer noch etwa 15.000 bis 25.000 Überlebende Ghetto-Beschäftigte. Auch sie sind von den Ghetto-Renten ausgeschlossen. Schätzungsweise sind davon etwa 45 % Ghetto Überlebende in Israel, 45 % in den USA und 10 % in Deutschland und den EU-Nachbarländern betroffen.
Diese Zahlen hat die Bundesregierung in der amtlichen Begründung zu dem 2014 verabschiedeten Änderungsgesetz zum ZRBG selbst bestätigt. Darin heißt es, dass von den rund 70.000 Anträgen nur rund die Hälfte positiv beschieden wurde. Diese Zahlen korrelieren auch mit Angaben der Jewish Claims Conference (JCC).
Das bedeutet in der Praxis: Tausende Personen haben offenbar noch nicht einmal einen formellen Ablehnungsbescheid bekommen. Deshalb tauchen diese Fälle in der Statistik der Rentenversicherung nicht auf. Diese hochbetagten Personen haben vielfach auch keinen Rechtsbeistand zur Seite, der einen Überprüfungsantrag stellen könnte. Durch Einfügung von § 4 des Änderungsgesetzes zum Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) wird dieser Zustand noch verschärft, denn die Bevollmächtigung durch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte wird erschwert.
Erst wenn alle Ghetto-Beschäftigten endlich Gewissheit über ihren Antrag auf Ghetto-Rente haben, kann dieser Teil der deutschen Geschichte als aufgearbeitet gelten.
Das vorliegende Abkommen mit Polen sollte einen ehrlichen Neuanfang beim Thema Ghetto-Rente befördern.“
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