Ghettorentengesetz benachteiligt Roma

„Das Ghettorentengesetz muss geändert werden: In seiner jetzigen Form benachteiligt es insbesondere Roma und damit ausgerechnet die ärmste Opfergruppe“, erklärt Ulla Jelpke mit Blick auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (BT-Drucksache18/7339). Die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:

„Das Problem liegt darin begründet, dass es die ‚Ghettorente‘ nur bei Erfüllung einer mindestens fünfjährigen Wartezeit gibt. Ersatzzeiten im Anschluss an die Befreiung aus dem Ghetto werden nur bei jenen angerechnet, die damals älter als 14 Jahre waren.

Die Bundesregierung verteidigt diese Regelung damit, sie entspreche dem Normalfall einer deutschen Erwerbsbiographie. Sie verkennt damit, dass der Normalfall für die Menschen im Ghetto ein ganz anderer war: Sie haben im wahrsten Sinn des Wortes um ihr Leben gearbeitet.

Insbesondere für Roma war es aufgrund ihrer vielfältigen Ausgrenzung auch in den Nachkriegsgesellschaften häufig nicht möglich, eine durchschnittliche Erwerbsbiographie zu durchlaufen und auf die vom deutschen Rentensystem geforderten fünf Beitragsjahre zu kommen.

Die Bundesregierung behauptet einfach, es lägen ihr zu diesen Umständen ‚keine Informationen‘ vor. Sie macht auch keine Anstalten, weitergehende Informationen einzuholen. Das wird der Verantwortung Deutschlands gegenüber jenen, die damals von den Nazis ins Ghetto gezwungen wurden, bei weitem nicht gerecht.“

Azize Tank, Sprecherin für soziale Menschenrechte, ergänzt: „Die gesetzliche Regelung bewirkt, dass ausgerechnet die ärmsten und ohnehin am stärksten ausgegrenzten Überlebenden die geringste Chance haben, für ihre Arbeit im Ghetto Leistungen zu erhalten. Alleine in Polen und Rumänien betrifft dies mehrere Hundert Überlebende. Die Notwendigkeit einer Lösung des Ausschlusses von Ghetto-Renten belegt auch der Appell überlebender Roma und Juden anlässlich des Internationalen Gedenktages an die Opfer der Naziverbrechen am 27. Januar 2016 in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz.

Wir fordern die Bundesregierung auf, schnellstmöglich eine Änderung des Ghettorentengesetzes in die Wege zu leiten mit dem Ziel, Ersatzzeiten für alle anerkannten Ghetto-Arbeiter unabhängig von ihrem Alter zu berechnen.“

 

WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN:

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Situation ehemaliger Beschäftigter in einem Ghetto, die aufgrund fehlender Anrechnung von Ersatzzeiten keine Ghettorente erhalten (BT-Drucksache 18/7493)

Schriftliche Frage zur Vorlage eines Gesetzesentwurfs zur Änderung der geltenden Regelung zur Berechnung von Ghetto-Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI