Internationaler Frauentag im Wahlkreisbüro von Azize Tank

Internationaler Frauentag im Wahlkreisbüro von Azize Tank

„Entfremdet und entwürdigt ist nicht nur der, der kein Brot hat, sondern auch der, der keinen Anteil an den großen Gütern der Menschheit hat.“ (Rosa Luxemburg)

Die diesjährige Veranstaltung des Frauensalons zum Frauentag stand ganz im Zeichen Rosa Luxemburgs.

Azize Tank hielt die Eröffnungsrede zur Ungleichbehandlung von Frauen. Sie führte aus: „Weltweit sind eine halbe Milliarde Frauen Analphabeten. 62 Millionen Mädchen wird das Recht auf Bildung verweigert. In 155 Ländern gelten nach wie vor Gesetze, die Frauen systematisch diskriminieren.“

Deutschland nahm sie von ihrer Kritik nicht aus. Mit einer Episode aus dem Regierungskabinett Konrad Adenauers lieferte sie einen Einblick in die westdeutsche Geschichte und rief bei den Zuhörerinnen Schmunzeln hervor. So antiquiert erscheint Frauen heute die Vorstellung, dass ein Kanzler auf den Einwurf seiner ersten Ministerkollegin, er möge Sie bitte nicht mit „Meine Herren“ anreden, entgegnete: „In diesem Kreis sind auch Sie ein Herr!“.

Zwar sei der Frauenanteil im Bundestag dank der Frauenquote mittlerweile auf 36 % gestiegen (zum Vergleich 1976: 7,3 %), was vor allem der Fraktion der GRÜNEN und LINKEN zuzurechnen sei (dort 55 bzw. 56 %, CDU/CSU: 24 %). Allgemein liegt in Deutschland der Anteil von  Frauen in Führungspositionen bei 29 %. Im EU-Vergleich liegt Deutschland damit weiterhin unter dem Durchschnitt von 33 %. Auch sei der allgemeine Lohnunterschied noch immer frappierend, kritisierte Azize: „Frauen bekommen hierzulande 21,6 % weniger als Männer. Sie verbringen mehr Zeit mit unbezahlten Tätigkeiten wie Kinderbetreuung, Haushalt oder der Pflege von Angehörigen. Frauen arbeiten meistens in Teilzeit, Mini-Jobs und im Niedriglohnsektor. Damit sind sie nicht nur im Arbeitsleben diskriminiert, sie sind auch stärker von Altersarmut betroffen. Armut ist weiblich.“

Auch auf Gewalt gegen Frauen ging sie ein: „In Deutschland wird jede vierte Frau Opfer von sexualisierter Gewalt in ihrem eigenen Haus. Weltweit ist das eigene Zuhause für Frauen der gefährlichste Ort. Und ich möchte in dem Zusammenhang betonen: das ist unabhängig  vom Bildungsniveau, Alter, Einkommen Nationalität und Religionszugehörigkeit.“

Mit eindringlichen Worten ging Azize auch auf die Situation der Geflüchteten und die Kriegsgefahr in der Welt ein: „60 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Im mittleren Osten, in Afrika und Asien herrschen vielerorts schwere Krise und Krieg, und auch in der Ukraine kann es jederzeit wieder zu schweren kriegerischen Auseinandersetzungen kommen.“ Auch heute noch müssten Frauen für ihre Rechte, Gleichberechtigung und Frieden kämpfen: „Denn nur mit einer starken Stimme können sich Dinge verändern!“

Der Rede von Azize schloss sich ein Grußwort von Elisabeth Wissel, LINKE-Bezirksverordnete in Tempelhof-Schöneberg, an. Auch sie ging auf aktuelle Missstände und die Diskriminierung von Frauen ein.

Internationaler Frauentag am 8. März 2016 im Wahlkreisbüro Azize Tank

In den folgenden Stunden wurden Texte von Rosa Luxemburg zu Fragen von Krieg und Frieden, aber auch von Ungleichheit und Diskriminierung vorgestellt. Nach einem Überblick über Leben und Wirken der großen sozialistischen Kämpferin rezitierte die Schauspielerin Daphna Rosenthal aus ihren Reden und Aufsätzen. Durch die beeindruckende Stimme der Vortragenden – unterbrochen durch Lieder aus der Arbeiter_innenbewegung – bekam man auch atmosphärisch einen Einblick in die Klassenkämpfe der deutschen Novemberrevolution. Zugleich waren die Texte von frappierender Aktualität.

Bevor der Abend mit einem kleinen Büffet, Rotwein und intensiven Gesprächen ausklang, kamen zwei geflüchtete Frauen mit ihren Erfahrungen zu Wort. Nach ihren persönlichen Erfahrungen befragt, schilderten sie die Umstände ihrer Flucht nach Deutschland und ihre Situation nach der Ankunft in einem fremden Land. Die überfüllten Räume des Bürgerbüros (über 50 Frauen waren erschienen, einige mussten im Flur stehen oder auf dem Boden sitzen) trugen zu der angenehmen Stimmung bei: So war es etwa unmöglich, sich einen Weg zur Toilette zu bahnen, ohne verschiedenen Frauen zu begegnen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Anschließen haben viele Frauen den Abend dazu genutzt, sich in persönlichen Gesprächen über die unterschiedlichen Eindrücke des Abends auszutauschen. Alles in allem war es eine erfolgreiche Veranstaltung, von der wir uns eine Fortsetzung erhoffen – spätestens zum nächsten Frauentag!