Keine Ausnahmen bei der Zahlung von Ghetto-Renten!

„Es ist zynisch und skandalös, dass Roma sowie Jüdinnen und Juden mit Wohnsitz in Polen, die unter deutscher Besatzung zu menschenunwürdigen Bedingungen in Ghettos gearbeitet haben, weiterhin von Ghetto-Renten aus Deutschland ausgenommen sind. Auch der Referenten-Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) ändert nichts daran und schließt erneut zahlreiche Menschen von der Zahlbarmachung von Ghetto-Renten aus – ein eklatanter Bruch elementarer Grundsätze des deutschen Sozialversicherungssystems, für welches die Ghetto-Arbeiter damals Beiträge abführen mussten. Dies ist wesentlicher Bestandteil ihres Grundrechts auf soziale Sicherheit, das die Bundesregierung auch im Sinne bindender europäischen Normen missachtet“, erklärt Azize Tank, Sprecherin der Fraktion DIE LINKE für soziale Menschenrechte und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, anlässlich der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (BT-Drucksache 18/1279). Azize Tank weiter:

„Die Bundesregierung versteckt sich hinter einem Sozialversicherungsabkommen mit Polen aus dem Jahre 1975, welches nach der Stellungnahme des polnischen Versicherungsträgers ZUS für Ghetto-Beschäftigungen jedoch nicht anwendbar ist. Das ZRBG von 2002 hat dabei eine völlig neue rechtliche Situation geschaffen, die bei Ansprüchen von Roma sowie Jüdinnen und Juden aus Polen angepasst werden muss.

Die Bundesregierung verschließt sich mit der Novellierung des ZRBG noch immer einer ganzheitlichen Lösung für alle Ghetto-Arbeiter. Das ist ein unhaltbarer und durch nichts zu rechtfertigender Zustand der Ungleichbehandlung, der sofort behoben werden muss. Ich bin enttäuscht, dass nach dem Treffen zwischen dem deutschen BMAS und dem polnischen Ministerium für Arbeits- und Soziales am 30. April in Warschau keine konkreten Zusagen von der Bundesregierung unterbreitet wurden. Erneut wurde die Problemlösung in eine unbestimmte Zukunft verschoben (siehe dazu Antwort der Bundesregierung auf meine mündliche Frage, BT-Drucksache 18/1293).

Es ist an Zynismus kaum zu übertreffen, wenn anspruchsberechtigte Roma sowie Jüdinnen und Juden bereits über zehn Jahre auf eine Novellierung des ZRBG-Gesetzes warten mussten, nur um zu erfahren, dass sie erneut von der Bundesregierung nicht berücksichtigt werden. Offenbar setzt die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD auf eine biologische Lösung der Problematik. Zudem ist die Bewilligungsquote nach dem bisherigen Gesetz ohnehin skandalös niedrig. Das Bewilligungsverfahren ist nach wie vor intransparent und offenbar darauf ausgelegt, so wenige Anträge auf Ghetto-Renten wie möglich positiv zu bescheiden. Die Bundesregierung muss sofort eine umfassende Auszahlungs-Möglichkeit für alle bislang von den Ghetto-Renten ausgenommenen Roma sowie Jüdinnen und Juden vorlegen. Es darf kein weiteres Verschleppen der Auszahlungen geben.“

 

 PRESSE-INFORMATION:

Keine Ausnahmen bei der Zahlung von Ghetto -Renten! – Pressemitteilung (DEUTSCH)

Pensions to ghetto labourers – Press release (ENGLISH)

ה__ו_____ ד____ ע_____ ה__ ____ ל____ ע__י______ ת__ ו___ נ__ ו_____ אין מקום להפליה בתשלום פנסיות גטו (HEBREW)

Emerytury z tytułu pracy w getcie – Informacja Prasowa (POLSKI)

 

 WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN:

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Zahlbarmachung von Ghetto-Renten an jüdische Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer sowie Jüdinnen und Juden mit Wohnsitz in Polen“ (BT-Drs. 18/1279)

Entschliessungsantrag der Abgeordenten Azize Tank zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung – Drucksachen 18/1308, 18/1577, 18/1649 – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (BT-Drs. 18/1661)

Antwort auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Azize Tank zur Zahlung von Ghetto-Renten für in Polen lebende Jüdinnen und Juden