Am 18. Mai 2017 fand im Deutschen Bundestag die abschließende Lesung des Grundgesetz-Änderungsgesetzes der LINKEN „Aufnahme Sozialer Grundrechte ins Grundgesetz“ statt. Soziale Grundrechte sind eine unabdingbare Voraussetzung für ein würdevolles Leben in einer sozial gerechten Gesellschaft. Dazu gehören unter anderem das Recht auf Arbeit, gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, soziale Sicherheit, das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard aber auch das soziale Recht auf angemessenes Wohnen, ein Höchstmaß an geistiger und körperlicher Gesundheit sowie Bildung und Teilhabe am kulturellen Leben.
Die Kollegen der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD waren sichtbar entrüstet und an einem wunden Punkt getroffen. Soziale Probleme lassen sich nämlich nicht dadurch lösen, dass von „sozialer Gerechtigkeit“ schwadroniert wird und die Menschen in der Bundesrepublik zugleich zu unmündigen Objekten degradiert werden, um sie dem Zugriff einer verfehlten Sozialpolitik auszuliefern.
Dies bestätigt einmal mehr, dass einklagbare Soziale Menschenrechte eine Notwendigkeit sind. Nur so kann das Vertrauen in das Grundgesetz und die demokratischen Institutionen zurückgewonnen werden. Den Herausforderungen einer globalisierten Welt muss sich auch die SPD stellen, die mit der Agenda 2010 selbst für soziale Verwerfungen verantwortlich ist. Ein derart ignorantes Verhältnis zu Sozialen Menschenrechten widerspricht nicht nur den längst von der Bundesregierung eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen, sondern auch der deutschen Verfassungstradition.
Es ist zugleich auch ein Offenbarungseid darüber welchen Stellenwert Soziale Menschenrechte und Soziale Grundrechte für die SPD haben. Während der Plenar-Debatte am 18.05.2017 zum Entwurf eines Grundgesetz-Änderungsgesetzes der LINKEN zur Verankerung Sozialer Menschenrechte im Grundgesetz (BT- Drs. 18/10860) wurden von den Abgeordneten der SPD-Fraktion und der CDU/CSU-Fraktion in kaum zu überbietender polemischer Art mehrfach falsche Behauptungen wiederholt, auch unter Berufung auf den Sachverständigen der von der LINKEN einbestellt wurde. Damit wurde versucht die notwendigen Bemühungen um eine Korrektur des Grundgesetzes zu konterkarieren. So behauptete der Abgeordnete Dr. Matthias Bartke (SPD): „Kein Sachverständiger hat Ihrem Gesetzentwurf Zustimmung signalisiert, nicht einmal Ihr eigener, Professor Eichenhofer.“
Doch Lügen haben kurze Beine!
Vor diesem Hintergrund ist es hilfreich, auch für dokumentarische Zwecke, die Feststellungen des Sachverständigen der LINKEN zu dokumentieren, der – anders als die von der Regierungskoalition bestellten Experten, die sich als Spezialisten im Kirchenrecht bzw. Finanzrecht einen Namen gemacht haben – tatsächlich ein ausgewiesener Experte des Sozialrechts ist.
In der Stellungnahme von Prof. Dr. Eberhard Eichenhofer (Friedrich Schiller – Universität, Jena) für das erweiterte Berichterstatter-Gespräch im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am 26.05.2017 wird nämlich festgestellt:
„Der von dem Gesetzgebungsvorschlag erhobene Anspruch, die sozialen Menschenrechte im Grundgesetz(GG) zu verankern, erscheint im Lichte der völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands wie der deutschen Verfassungsgeschichte sachgerecht und geboten. […]
Die in Artikeln 1a GG bis 3 d GG aufgeführten Gewährleistungen nehmen auf die in den Artikeln 22 bis 27 VN MRK formulierten Gewährleistungen Bezug; sie versuchen auch die in VN-Kinderrechtekonvention enthaltenen Garantien als Menschenrechte zu erfassen und kommen damit dem in der in Art.24 EU-Grundrechtecharta enthaltenen Auftrag nach, die Recht der Kinder eigens anzuerkennen. Diese Bemühungen stehen schließlich im Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung des BVerfG(BVerfGE 125,175; 132,134; vgl. auch schon BVerwGE 1,159), die darauf gerichtet ist, dem Sozialstaatsprinzip einen subjektiv-rechtlichen Gehalt zu geben. Die formulierten Einzelaufträge fügen sich sprachlich in den Duktus des GG ein und entsprechen in ihren Details den internationalen und auch von Deutschland anerkannten Gewährleistungen.
In ihnen sind keine Garantien enthalten, welche der moderne, seit 125 Jahren existierende deutsche Sozialstaat nicht schon längst im Wege der Rechtssetzung hervorgebracht hätte. Der Gesetzgebungsvorschlag geht also nicht über den rechtlichen Satus quo hinaus, versucht diesen aber vor Eingriffen vor dem Gesetzgeber zu schützen.
Er hat daher vor allem den Sinn, den Schutz der sozialrechtlichen Institutionen zu gewährleisten, weil diese ihrerseits subjektive Rechte für die Berechtigten schaffen.“
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