Verfolgung darf nicht verschwiegen werden

Gravierende Menschrechtsverletzungen, vielfache Verfolgung und gezielte Gewalt gegen Roma und andere EU-Bürgerinnen und Bürger aus Bulgarien und Rumänien dürfen nicht verschwiegen werden. Die rassistische Hetzte gegen Migrantinnen und Migranten und EU-Ausländerinnen und Ausländer ist unerträglich. Der Sozialchauvinismus muss endlich als das benannt werden, was er ist: Ein Verbrechen und die Missachtung elementarer sozialer Menschenrechte“, erklärt Azize Tank, Sprecherin für soziale Menschenrechte und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales anlässlich des heutigen Internationalen Tages der Sinti und Roma. Azize Tank weiter:

„Roma sind fast überall in Europa der sozialen und politischen Diskriminierung ausgesetzt. Die jüngste Debatte um einen sogenannten ‚Sozialtourismus‘ blendet die bestehende rassistische Verfolgung in den EU-Mitgliedsländern nicht nur gezielt aus, sondern schürt diese weiterfort. Diese vorsätzliche Blindheit hat System und wird als Methode benutzt, um auch in Deutschland von der latenten Diskriminierung der Migrantinnen und Migranten aus den neuen EU-Mitgliedsländern abzulenken. Dies hat mittlerweile ein unerträgliches Maß erreicht, dem sofort Einhalt geboten muss. Soziale Menschenrechte sind unteilbar und gelten universell. Wer bei der notorischen Ausgrenzung von Migrantinnen und Migranten, insbesondere von Sinti und Roma, wegschaut, macht sich mitschuldig.

So bezieht sich die Europäische Kommission in ihrer Empfehlung für wirksame Maßnahmen zur Integration von Roma in den Mitgliedsstaaten auf gezielte politische Maßnahmen für Verbesserungen im Bereich der Bildung, Beschäftigung, Gesundheitsvorsorge und Wohnraum und fordert die Mitgliedsstaaten auf, ihre nationalen Strategien darauf abzustellen. Das ist sehr positiv und zu begrüßen. Negativ hingegen ist, dass Deutschland laut dem Bericht kaum bzw. keine Fortschritte in dieser Hinsicht vorzuweisen hat.

Wenn Menschen der Zugang zu den sozialen Menschenrechten auf sauberes Wasser und hygienische Lebensbedingungen, das Recht auf Bildung und Soziale Sicherheit verweigert wird, ist dies ein klarer Bruch anerkannter Völkerrechtsnormen. Deshalb erkläre ich mich solidarisch mit dem jüngsten offenen Brief von Roma aus dem Stadtteil Stolipinovo in Plovdiv, Bulgarien, an die Bundesregierung, in dem nicht nur die unerträglichen Missstände in ihrem Heimatland angeprangert werden, sondern auch die Stigmatisierung in Deutschland. Es kann nicht sein, dass die EU nur handlungsfähig ist, wenn es darum geht, die Folgen der Finanzkrise auf die Länder des Südens abzuwälzen und mithin die Souveränität betroffener EU-Länder zu missachten. Die EU, als soziale Union, hat vor allem die Pflicht allen ihren Bürgerinnen und Bürgern einen ungehinderten Zugang zur Verwirklichung der sozialen Menschenrechte zu gewährleisten, und die Mitgliedstaaten zur Achtung der Europäischen Sozialcharta und des UN-Sozialpaktes aufzufordern.“