»Fünf Tage für die Cuban 5« in Washington DC

»Fünf Tage für die Cuban 5« in Washington DC

Am 7. Juni trafen sich mehrere Hundert AktivistInnen aus über dreißig Ländern vor dem Weißen Haus in Washington D.C. um erneut für die Freilassung der Cuban 5 zu protestieren. Die Bundestagsabgeordnete Azize Tank, Sprecherin für Soziale Menschenrechte der Bundestagsfraktion DIE LINKE. nahm an den Protesten in Washington teil und äußerte ernsthafte Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der Verfahren, die zu einer Verurteilung der Cuban 5 geführt haben.

Gemeinsam mit dem Berliner Menschenrechts-Anwalt Eberhard Schultz (Vorstandsmitglied der Internationalen Liga für Menschenrechte und aktiv im Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein – RAV) fordert Azize Tank eine humanitäre Lösung für die noch immer inhaftierten drei politischen Gefangenen und die längst überfällige Normalisierung der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Republik Kuba.

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Die Abgeordnete Tank nahm zuvor an einer zweitägigen Fachkonferenz unter dem Titel „Eine neue Ära in den Beziehungen USA – Kuba und dem Fall der Cuban 5“ in der Calvary Baptist Church im Zentrum Washingtons teil. Mit bewegenden Worten riefen dabei Rene Gonzales sowie Fernando Gonzales vom Internationalen Komitee für die Freiheit zur Fortsetzung der internationalen Proteste zur Freilassung der zu hohen Strafen verurteilten Kubaner auf. In Grußbotschaften forderten auch die guatemaltekische Menschenrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin (1992) Rigoberta Menchú Tum sowie der brasilianische Befreiungstheologe Frei Betto die Freilassung der Inhaftierten. Sie sind Teil von einer internationalen Bewegung von Solidaritätskomitees, die Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der Verfahren hegen und der US-amerikanischen Justiz schwere Menschenrechtsverletzungen und Rechtsbeugung vorwerfen. Dazu zählen u.a. zehn NobelpreisträgerInnen wie José Ramos-Horta, Wole Soyinka, Adolfo Pérez Esquivel, Nadine Gordimer, José Saramago, Schores Alfjorow, Dario Fo, Günter Grass, Máiread Corrigan-Maguire und die bereits genannte Rigoberta Menchú.

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Auf dem anschließenden Eröffnungsplenum ergriffen zwei hohe kirchliche Würdenträger, die frühere Generalsekretärin des Nationalen Rates der Kirchen der USA Rev. Joan Brown Campbell und der früheren Bischof von Detroit, Thomas Gumbleton, sowie Jose Ramon Cabanas, der Chef der Interessenvertretung Kubas in den USA das Wort.

In einem ersten Panel wurden die Perspektiven der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Republik Kuba sowie das geheime USAID-Programm gegen Kuba behandelt. Erstaunlich klare Worte fanden dabei Lawrence Wilkerson, früherer hoher General der US-Army und Verwaltungschef des US-Verteidigungsministers Powell, sowie Wayne Smith, früherer Chef der US-Interessenvertretung in Havanna: Die Cuban 5 hätten unbewaffnet und ohne eine Absicht den USA Schaden zuzufügen gehandelt, um ihre MitbürgerInnen vor wiederholten gewalttätigen Angriffen von exil-kubanischen Organisationen in den USA zu schützen. Die USA seien damit zum „safe haven“(sicheren Hafen) für Terroristen geworden.

Im Zentrum eines weiteren Panels zum aktuellen Stand des Verfahrens, wurden insbesondere die Haftbedingungen der drei noch inhaftierten Kubaner thematisiert. Vor dem Hintergrund kubanischer Exil-Organisationen in Miami, wurde über die Geschichte gewalttätiger Aktionen gegen die Republik Kuba und andere lateinamerikanische Staaten und Einzelpersonen, die von den USA unterstützt, finanziert oder geduldet wurden berichtet.

Martin Garbus, Rechtsanwalt von Gerardo Fernandez, erläuterte die Folgen einer mehrere Monate andauernden vollständigen Isolationshaft sowie die Unterbringung in Hochsicherheitsgefängnissen. Desweiteren beschrieb er, dass in den letzten Jahren immer wieder neue Fakten und Beweismittel ans Tageslicht gekommen, wonach nicht nur die Jurymitglieder im Strafverfahren erster Instanz in Miami eingeschüchtert und bedroht worden sind, sondern auch JournalistInnen, die über den Fall berichtet haben.

Peter Schey, der Direktor des CHRCL (Center for Human Rights and Constitutional Law) aus Los Angeles fasste den aktuellen, über 40 seitigen Bericht über die Verurteilungen und unverhältnismäßigen Strafen gegen die Cuban 5 zusammen. Der Bericht, der sich im Fall von Gerardo Hernandez intensiv mit den Vorwürfen der Spionage befasst (wegen „Verschwörung zum Mord“ wurde Hernandez zu zwei Mal lebenslänglich und zusätzlich 15 Jahren verurteilt, weil ihm der Abschuss eines Flugzeuges der terroristischen exil-kubanischen Organisation Brothers-to-the-Rescue (BTTR) mit Sitz in Miami angelastet wurde) kam dabei zu dem Schluss:

»[Die drei] Gefangenen sind jetzt über 15 Jahre in Haft.  Sie waren vorbildliche »Modell-Gefangene«. Sowohl im Hinblick auf eine signifikante Fehlleitung der Justiz in ihren Fällen, als auch auf das Ziel, Schritte in Richtung Normalisierung der Beziehung mit Kuba zu unternehmen, sollte die US-Regierung die Inhaftierung der drei beenden, ihre Urteile reduzieren auf die Zeit, die sie bereits abgesessen haben, und sie nach Kuba repatriieren.

Wie gezeigt hat die US-Regierung  die Aktivitäten von Anti-Castro-terroristischen Gruppen in Florida gefördert, was Kubas Regierung berechtigte, Geheimdienstagenten in Florida einzusetzen; die US-Regierung hat es versäumt, angemessene Schritte zu unternehmen, um die illegalen BTTR-Flüge in kubanischen Luftraum 1995 und 1996 zu verhindern; die US-Regierung wusste genau so viel, wenn nicht mehr, als die fünf Kubaner über die Gefahren, denen die Piloten der BTTR ausgesetzt waren, wenn sie kubanischen Luftraum am 24. Februar 1996 verletzten; die Cuban 5 erhielten kein faires Verfahren in Miami; die Urteile gegen sie waren unverhältnismäßig hart und exzessiv; Gerardo Hernandez Involvierung in das Abschießen der BTTR anzunehmen, war völlig inkonsequent; er tat nichts, um die BTTR Piloten zu ermutigen, am 24. Februar zu fliegen; die BTTR Piloten kannten das Risiko, das sie auf sich nahmen, und akzeptierten dieses Risiko; die US-Regierung und nicht Hernández informierte die kubanische Regierung über die Flugpläne am 24.2 1996; Hernández hatte nichts mit den hohen kubanischen Militärs zu tun, die einem Mig-Piloten autorisierten, zwei BTTR-Flugzeuge abzuschießen; die US-Regierung, nicht Hernández, überwachte die BTTR- Flugzeuge und Mig-Jets in der Luft am 24. Februar mit verschiedenen Radarsystemen und verfehlten es, die BTTR-Piloten zu warnen, dass sie in Gefahr waren, von den Mig abgeschossen zu werden; die Cuban 5 sammelten und transportierten keinerlei als „Geheim“ („Top Secret“) qualifizierte nationalen Sicherheits-Informationen an Cuba; die Cuban 5 waren überzeugt, dass Ihre wichtigste Mission die Bekämpfung des Terrorismus war.

Aus all diesen Gründen sollte der Fall der Cuban 5 jetzt dadurch beendet werden, dass die verbliebenen drei, die lange Freiheitsstrafen in US Gefängnissen verbringen, entlassen werden, und ihnen zu erlauben, nach Hause zu ihren Familien zurückzukehren. Vom Standpunkt der Gerechtigkeit und einer sensiblen Außenpolitik aus, wäre dies der rationale, moralische und humanitäre Schritt, der unternommen werden sollte, um dieses 16 Jahre alte Verfahren zu Ende zu bringen.« (Bericht vom 4.6.2014 an Präsident Obama, nicht autorisierte Übersetzung)

Es folgten Beiträge weiterer Rechtsanwälte, u.a. des Präsidenten der „American Association of Jurists,“, Vanes Ramos aus Argentinien, sowie deren Beiratsvorsitzenden, und eines Vorstandsmitglieds der National Lawyers Guild (NLA), Art Heitzer, sowie von Rechtsanwalts-Kollegen aus Italien und Puerto Rico. In seiner „Intervention“ erinnerte Rechtsanwalt Eberhard Schultz daran, dass auch die Arbeitsgruppe des UN-Menschenrechts-Ausschusses sowie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International die Verletzung rechtsstaatlicher Mindeststandards kritisiert haben. Der Berliner Menschenrechtsanwalt hatte in Vergangenheit zweimal für den RAV und die Internationale Liga für Menschenrechte an einer Prozessbeobachtung des Verfahrens in Miami und in Atlanta teilgenommen und einen „Amicus Curiae“ im Verfahren vor dem Supreme Court mitorganisiert. Die Durchsetzung der Menschenrechte, ist – gerade in Strafverfahren mit politischem Hintergrund – eine universale Aufgabe.

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Am Tag 3 fand eine politische Rallye zum Weißen Haus in Washington statt, an der insgesamt 500 Personen teilnahmen. Sie begann mit einem Demonstrationszug vom Institut for Political Studies (ISP) und einem Fahrrad-Korso zum Weißen Haus.

In ihrem Rede-Beitrag übermittelte Azize Tank die Grüße der Solidaritätsbewegung aus Deutschland. Sie betonte, dass die Rückkehr der beiden freigelassenen Kubaner zu ihren Familien auch ein Erfolg der internationalen Solidaritätsbewegung ist. Jetzt müsse der Kampf für die Befreiung der restlichen drei Inhaftierten verstärkt werden. Dafür will sich die Abgeordnete Azize Tank auch in Zukunft einsetzten. Deshalb nutzte die Bundestagsabgeordnete die beiden letzten Tage für Treffen mit US-amerikanischen ParlamentarierInnen in den Räumen des Capitol-Hills, darunter mit mit dem demokratischen Congressman James Patrick McGovern aus Massachusetts, einem früheren Sprecher im Menschenrechtsausschuss, der sich bereits öffentlich für die Normalisierung der Beziehungen zu Kuba und die Beendigung der Blockade ausgesprochen hatte. Die Bedingungen für einen Dialog und die Freilassung der Fünf durch die Obama-Administration seinen momentan günstig; wegen des bevorstehenden Wahlkampfes zur Präsidentenwahl jedoch das Zeitfenster dafür nur kurz.

Azize Tank, schlug in dem Gespräch vor eine gemeinsame parteiübergreifende Initiative von Parlamentarierinnen aus verschiedenen Ländern ins Leben zur rufen. Weitere Gespräche folgten. Die Resultate der Gespräche bleiben abzuwarten.